Ziel: 2028 erste Patientenbehandlung

Landkreis hat ehrgeizigen Zeitplan für Zentralklinik / Bauantrag schon gestellt

Landkreis Diepholz

– 2028 soll der erste Patient im Zentralklinikum Borwede behandelt werden, 2030 ein vollständig eingespielter Krankenhausalltag Routine sein: Landrat Cord Bockhop ist zuversichtlich, den ersten Spatenstich für das Haus im Sommer kommenden Jahres setzen zu können. Denn schon jetzt prüft Stephan Maaß als Leiter des Landkreis-Fachdienstes Bauordnung und Städtebau die Baugenehmigung für das zentrale Hospital – digital.

Auf Papier würden die umfassenden Unterlagen für diese Genehmigungmindestens 35 Aktenordner umfassen, schätzt Klinikverbund-Geschaeftsführer Uwe Lorenz. Mit allen weiteren zu prüfenden Unterlagen womöglich 50, ergänzt der Landrat – und erinnert an den äußerstambitionierten Zeitplan für das Zentralklinikum. Dessen Bau setzt eine Vielzahl von juristischen Vorgaben, beteiligten Behörden undEntscheidungsträgern voraus – von der Kommune über den Landkreis bishin zu Bund und Land. Viel zu oft ein langer und steiniger Weg.
Aber in diesem Fall durch ein enges Miteinander der Landesbehörden unddes Klinikverbunds in der Planungsphase durchaus zeiteffektiv. Das stellteder Landrat am Donnerstag in einer Pressekonferenz mit Kreisrätin UlrikeTammen, Fachdienstleiter Stephan Maaß und Klinikverbund-Geschäftsführer Uwe Lorenz klar.
Ist der Landkreis in diesem Fall also mit Blaulicht-Geschwindigkeitunterwegs? Der Landrat schmunzelt und verneint. Man habe sich immer andie geltenden Geschwindigkeiten im Genehmigungsverfahren gehalten, greift er das Bild auf – und betont: „Wir haben eine sehr hohe Energie in denProzess gegeben. Mit jedem Tag, den wir länger brauchen, haben wir imPersonalbereich ein noch größeres Problem.“ Angesichts desFachkräftemangels in der Pflege und der generellen bundesweiten Lage im Gesundheitswesen stelle sich die Frage: „Welche Abteilung schließt alsnächstes – und welches Krankenhaus schließt?“ Die drei Kliniken in Sulingen, Bassum und Diepholz haben bis zum Start des Zentralklinikums in jedem Fall eine Perspektive. „Wir werden unsere kleinen Krankenhäuser hegen undpflegen“, betont Kreisrätin Ulrike Tammen. Aber in der neuen Zentralklinik könnten ganz andere Standards geboten werden. „Vielleicht fährt der Stuhrer oder der Stemweder ja nach Borwede“, zeigt Uwe Lorenz eine Patienten-Perspektive auf.

Warten auf offiziellen Förderbescheid
Und stellt unabhängig davon klar, dass aus Zeitgründen alle schon jetzt möglichen Schritte des Bauverfahrens vorbereitet werden. Denn vor dem Start ist eines unabdingbar: Alles hängt davon ab, wann der offizielle Förderbescheid des Landes Niedersachsen eintrifft. Wie bereits berichtet, hat der Krankenhausplanungsausschuss des Landes 250 Millionen Euro für das Zentralklinikum in Borwede zugesagt. Bei Licht besehen fließen davonaber 100 Millionen Euro aus Bundesmitteln. Deshalb muss jetzt das Bundesamt für soziale Sicherung den Inhalt der insgesamt 35 Aktenordnerprüfen, der für den Förderantrag in Hannover notwendig war (wirberichteten). Das Ergebnis muss dem Land Niedersachsen zunächstmitgeteilt werden, bevor das gesamte Geld freigegeben werden kann.
Das kostet Zeit. Und genau darum erwartet Uwe Lorenz den offiziellen Förderbescheid erst im kommenden Jahr. „Aber wir bereiten schon Infrastrukturmaßnahmen vor“, berichtet der Klinikverbund-Geschäftsführer– und blickt auf verkehrstechnische Maßnahmen. Auch die Versorgung mit Baustrom sei schon beauftragt und bewilligt.
Wie Stephan Maaß berichtet, ist die ebenso notwendige denkmalrechtliche Genehmigung schon erteilt: Systematisch sollen Fachfirmen das zubebauende Gelände auf wertvolle archäologische Funde im Bodenuntersuchen. Bei einer solchen Prospektion war in Syke-Gessel der Goldhortentdeckt worden. Den Auftrag für diese Untersuchungen muss jetzt der Klinikverbund erteilen.
Wie viel Zeit bis zur Erteilung der alles entscheidenden Baugenehmigung vergeht, kann nicht allein das Bauamt beeinflussen. Denn dafür müssen auch die sogenannten Träger öffentlicher Belange gehört werden. Dafürwürden zwar gesetzliche Fristen gelten, so Stephan Maaß. Aber in der Praxiswürden die oft nicht eingehalten.
 

Ziel: Schwarze Null
Die Mitarbeiter des Klinikverbunds sind zurzeit mit der Ausführungsplanung des Baus beschäftigt: „Mit unseren Mitarbeitern werden wir Raum für Raumentwickeln und durchgehen“, berichtet Klinikverbund-Geschäftsführer Uwe Lorenz über eine ganz besondere Praxis-Prüfung für einen effektiven undreibungslos funktionierenden Klinikalltag. Eine Mammut-Aufgabe, weil es um 344 Planbetten geht.
Darunter auch die für eine Geburtshilfeabteilung, wie sie es im Landkreis Diepholz schon seit zwölf Jahren nicht mehr gibt. Die Schließung dieser Abteilung hatte damals zu enormen Protesten geführt. Landrat Cord Bockhop kann das nachvollziehen – genauso wie der Kreistag und sein höchstes internes Entscheidungsgremium, der Kreisausschuss. Seit der Schließung vergehe keine Kreisausschuss-Sitzung, in der das Thema Klinikenund Gesundheitsversorgung nicht auf der Tagesordnung stehe, so der Landrat.
Es sind interne Diskussionen, die aber offenbar immer auch zu einem handfesten Ergebnis in Zeiten geführt haben, in denen Krankenhäusergrellrote Zahlen schreiben: Insgesamt 55 Millionen Euro, so der Landrat, habe der Landkreis Diepholz seit 2012 für den Defizitausgleich seiner drei Kliniken gezahlt.
Mit den zugesagten 250 Millionen Euro kann der Landkreis sein Borweder Klinikprojekt nicht realisieren. Denn manche Einrichtungen – wie ein Parkhaus – sind nicht förderfähig. Deshalb gehen Fachleute zurzeit von einer Bausumme von rund 320 Millionen Euro aus.
Und die Betriebskosten? Wenn 2028 das Zentralklinikum seinen Betriebaufnehmen könnte, dann gehe es zunächst mal um eine „schwarze Null“ in Zeiten des bundesweiten Krankenhaussterbens, so der Landrat.

Film zur Zentralklinik
Die Video-Animation ist zu finden unter zentralklinik-lkd.de/ oder unterhttps://youtu.be/qzDj3e5hyBs

 

Der Artikel ist am 07.07.2023 in der Kreiszeitung erschienen