„Aktivierende Pflege“ ist das Ziel

Geriatrische Abteilung in der Klinik Sulingen besteht offiziell seit einemJahr

Sulingen – Die Klinik Sulingen hat eine neue Fachabteilung: Unter Chefarzt Andreas Konermann arbeitet hier nun eine Geriatrie.

Formal gegründet wurde die Abteilung bereits zum 1. September des vergangenen Jahres, die ersten Patienten wurden jedoch erst im Laufe dieses Jahres aufgenommen. Untergebracht ist die Abteilung in einer früheren Inneren Station, die laut Klinikmanager Lukas Mählmann „baulichetwas verändert“ wurde. Das betrifft die Patientenzimmer, die angepasst wurden und nun mehr Platz bieten. Darüber hinaus entstand ein Multifunktionsraum, der unter anderem auch für therapeutische Zwecke genutzt werden kann. Zudem kamen für die Abteilung insgesamt sechs Stellen hinzu.

Zur Abteilung gehört ein „umfangreiches Team“, wie Konermann klarstellt. Das umfasst nicht nur eigens geschulte Ärzte und Pflegekräfte, sondern auch therapeutische Kräfte aus den Bereichen Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie – zum Teil aus dem Haus, zum Teil aus externen Praxen. „Unsere Patienten werden ganzheitlich behandelt unter Einbeziehung der Vorerkrankungen“, erläutert der Mediziner. „Die Mobilisierung ist ein wichtiges Thema, damit sie wieder in ihr vertrautes Umfeld zurückkönnen.“Dazu gehört insbesondere, die sogenannten Alltagsfähigkeiten im engen persönlichen Bereich, beispielsweise eigenständig Essen oder sich selbst Waschen, wieder zu ermöglichen. „Wir betreiben ,aktivierende Pflege‘: Die Patienten sind angehalten, alles, was sie selbst machen können, auch selbst zu machen – das ist ein deutlicher Unterschied zu den anderen Bereichen“,sagt Konermann. Geachtet wird aber auch darauf, ob die Patienten ausreichend essen, und „auch das Trinken ist ein Thema“, weiß der Arzt.
„Wir sind ein Traumazentrum und haben viele ältere Patienten mit Frakturen“, sagt Mählmann. Sie werden nun zunächst, wie gewohnt,chirurgisch versorgt, bevor sie auf die Geriatrie verlegt werden, wo auch die Schmerzversorgung stattfindet. „Wir bieten das ganze Paket“, stellt Mählmann fest, und dazu gehört auch die sogenannte Überleitungspflege,also die Absprachen mit Angehörigen und ambulanten Pflegediensten sowie das Organisieren von Hilfsmitteln. „Es ist eine sehr befriedigende Arbeit“,berichtet Mählmann, weil zu sehen ist, wie sie den Patienten hilft, und das empfinden auch die Mitarbeiter auf der Station so, wie der Manager verrät:„Ich habe oft gehört: ,Das ist Pflege, wie ich sie machen wollte.‘“
Eine geriatrische Abteilung gab es bereits in der Klinik Bassum, aber sie ist „eingeschlafen“, sagt Ralph Ehring aus der Geschäftsführung des Klinikverbundes. „Die Corona-Jahre haben viel Aufmerksamkeit verlangt“,und der Platz wurde benötigt für die Isolation von Patienten und für das erste Impfzentrum. „Die Geriatrie fehlte aber in unserem Portfolio.“ Daher habe es keinen Grund gegeben, mit der Einrichtung bis zur Fertigstellung des Neubaus in Borwede zu warten. Für Sulingen als Standort sprach: „Hier haben wir eine gute Kombination aus Innerer Medizin und Chirurgie, und die Geriatrie rundet das ab.“ Die „geringe Größe“ des Hauses sie dabei keine Schwäche, sondern biete im Gegenteil kurze Wege, stellt Ehring fest. Und Konermann ergänzt: „Der Vorteil ist: Man kennt alle Kollegen persönlich. Es ist hier ein sehr familiäres Arbeitsklima, und die Geschäftsführung ist immer erreichbar.“
Aktuell umfasst die Geriatrie in Sulingen Platz für bis zu 15 Patienten statt 34 wie auf den übrigen Stationen. In der Zentralklinik werden es 20 Plätze in Ein- und Zweibett-Zimmern sein. Bisher gehörten die Patienten der Altersgruppe „ab 70 aufwärts“ an, berichtet Konermann, mit dem Schwerpunkt „über 80“, vor allem mit Becken- oder Schenkelhalsfrakturen.Allerdings: „Nicht jeder Patient über 80 ist ein geriatrischer Patient“, schränkt er ein. Die Einstufung sei abhängig vom jeweiligen Behandlungsziel und erfolge in enger Abstimmung mit den Hausärzten. Nicht behandelt werden zudem Patienten mit gerontopsychiatrischen Beschwerden. Derzeit verbringen die Patienten in der Abteilung 17 bis 18 Tage, „wie in anderen Häusern auch“, hebt Konermann hervor, während der Aufenthalt in anderen Stationen mit im Mittel 5,7 bis 6,4 Tagen deutlich kürzer ausfällt.
Der 61-Jährige leitet die Abteilung aber nicht nur als Chefarzt, sondern hat sie maßgeblich mit aufgebaut. Geboren in Münster, lebt der verheiratete Vater zweier Kinder inzwischen in Rotenburg / Wümme. Seit 2009 ist er in der Geriatrie tätig und seit 2011 Chefarzt. Nach Sulingen kam er, weil das Marienhospital in Ankum, seine bisherige Arbeitsstelle, schloss. „Mir gefällt sehr gut, dass ich die Station hier komplett aufbauen konnte, sagt Konermann. Und dazu gehörte auch, dass er seine Kenntnisse als studierter Informatiker in die IT einbringen konnte, denn „die Geriatrie ist sehr dokumentationsaufwendig.“
„Es ist eine Win-Win-Situation, dass Schließungen dazu führen, dass Mitarbeiter sich andere Häuser suchen“, räumt Mählmann ein, „das werden wir in Zukunft noch häufiger sehen. So können wir gute Menschen für unsgewinnen aufgrund der misslichen Lage anderer.“
Der Start der Geriatrie ist aber noch nicht abgeschlossen: „Wir sind noch in der Anlaufphase, und die Geriatrie soll sich etablieren. Die bisherige Zeit ist jedoch laut Ehring sinnvoll investiert: „Es läuft reibungslos“, stellt er fest.

Dieser Artikel ist am 27. Oktober 2023 in der Kreiszeitung erschienen.